Yiquan enthält meinem Verständnis nach vier große Übungsbereiche und ist damit sehr vielseitig einsetzbar und äußerst effektiv:

  1. Yiquan als Qigong / Prävention: Gesundheitsfördernde Qigong-Übungen des Yiquan. Hierbei geht es um grundlegende einfache Übungen die der Gesunderhaltung / Prävention, Entspannung und sanften Kräftigung des Körpers dienen. Dazu gehören stille und bewegte Qigong-Übungen, die im Stehen, Gehen, Sitzen und Liegen ausgeführt werden können. Die drei wesentlichen Trainingsbereiche sind hier: Zhan Zhuang, Shili und Mocabu, die dann eben auch als "Yiquan-Qigong" bezeichnet werden können. Diese Basisübungen sind jedoch nicht nur ein Gesundheitstraining, sondern gleichzeitig stellen sie auch das notwendige Grundlagentraining dar, wenn man Yiquan als Kampfkunst ausüben will.

  2. Yiquan als Kampfkunst 1: Schlag-, Tritt- und Schritttraining. Hier werden die Herz-Kreislauf-intensiveren, konditionsfördernden schnellen Yiquan-Techniken geübt. Dieses Training kann einerseits als Fitness-Training und andererseits als Aufbaustufe und Erweiterung für diejenigen, die Yiquan als Kampfkunst üben wollen, betrieben werden. Die erworbenen Fertigkeiten aus dem Schlag-, Tritt- und Schritttraining können dann in das Partnertraining (Tuishou & Sanshou) integriert werden.

  3. Yiquan als Kampfkunst 2: Partnertraining. Dazu gehören dann die Partnerübungen des Yiquan wie Tuishou/Push Hands und Sanshou/Freikampf bzw. Misch- und Zwischenformen dieser beiden Übungsbereiche. Für dieses Partnertraining ist ein Erlernen der Yiquan-Grundlagen in Form des Yiquan-Qigong erforderlich. Das aufbauende Training der Schlag-, Tritt-, Schritt- und Entladungstechniken verfestigt diese Grundlagen und bringt auch das Partnertraining erst zur vollen Entfaltung und Anwendung.

    Yiquan als Kampfkunst ist aus dem inneren Kampf-Stil Xingyiquan hervorgegangen und wurde sowohl von Taijiquan als auch Baguazhang u.a.m. beeinflusst.


  4. Yiquan als "Therapie". Yiquan wird in China auch erfolgreich als Therapie bzw. ergänzende Therapiemaßnahme neben anderen schulmedizinischen oder alternativen Verfahren angewendet. Yiquan als Therapie kann jedoch nur angewendet werden (hier in Deutschland) von Menschen mit therpeutischer Ausbildung wie Ärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten, Psychotherapeuten...

 

 
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Yiquan besteht aus folgenden acht Haupt-Trainingsbereichen:Shili-Übung - Daniel im Mai 2009

 
  1. Zhan Zhuang - "Stehen wie ein Baum" / "Stehende Säule"
    Die Übung des Zhan Zhuang bildet die Basis des Yiquan und ist für Anfänger wie Fortgeschrittene gleichsam von Bedeutung. In zahlreichen von außen betrachtet statisch erscheinenden Haltungen werden mit der Vorstellung Bewegungen, Kraftrichtungen und -qualitäten und vieles mehr geübt, mentale Impulse zur Muskulatur geschickt, die Körperstruktur/Körperhaltung optimiert, der Körper zu einer Einheit "verschmolzen", Körpereigenwahrnehmung geschult und verfeinert. Die Praxis des Zhan Zhuang ist besonders wirksam zur Gesundheitspflege und Rehabilitation und wurde schon als die wichtigste einzelne Qigong-Methode bezeichnet. Auch in anderen Kampfkünsten wie Taijiquan, Baguazhang und Xingyiquan spielt Zhan Zhuang eine Rolle. Zhan Zhuang stellt im Rahmen des Kampfkunsttrainings im Yiquan ein wichtiges "Krafttraining" und Training für alle inneren Prinzipien dar.

  2. Shili - "Kraft genießen/testen"
    Shili ist Zhan Zhuang in Bewegung - Zhanzhuang ist Shili in Ruhe. Diese beiden Bereiche gehören zusammen. Im Yiquan gibt es einige Shili-Übungen, unter anderem auch alle Schläge, Tritte usw., bei denen verschiedene innere Prinzipien zur Erzeugung von Kraft und letztlich Kombinationen der sechs Kraftrichtungen (öffnen/schließen, vor/zurück, oben/unten) unter Beibehaltung der optimalen Körperstruktur geübt werden. Shili wird zunächst sehr langsam geübt um achtsam, entspannt und sensitiv zu bleiben sowie eine Führung der Bewegungen durch die Vorstellung zu ermöglichen und weiter einzuüben.

  3. Mocabu / Zoubu - Beintraining und Schritte
    Mocabu = „reibender Schritt“ (oder auch Zoubu) ist die grundlegende Schritttechnik im Yiquan. Der Name leitet sich aus der Bewegung beim Reiben von Tusche in der Kalligrafie ab. Mocabu ist sozusagen Shili für die Beine und entwickelt neben der Schritttechnik auch die Sensitivität und Wahrnehmung sowie Stabilität und Mobilität der Füße und Beine. Mocabu wird auch mit Shili kombiniert geübt.

  4. Tui Shou - schiebende/klebende Hände, engl. Push Hands oder Pushing Hands
    Tuishou bedeutet „Schiebende Hände“ und ist auch als „Push Hands“ oder "Pushing Hands" bekannt. Hierbei handelt es sich um Partnerübungen, bei denen versucht wird, unter Beibehaltung der eigenen Struktur, Verbundenheit und Stabilität „Lücken“ beim Partner zu finden oder selbst herbeizuführen und diesen zu destabilisieren und zu kontrollieren oder Fali einzusetzen.

  5. Fali - "die Kraft explodieren lassen"
    Fali bedeutet „Aussenden von Kraft / Explodieren der Kraft“. Aus einem entspannten Zustand heraus wird in der Kampfanwendung explosive Kraft freigesetzt. Hierzu werden praktisch alle Shili-Übungen inkl. Schlägen, Tritten usw. zunehmend "explosiv" geübt. Anfangs auf der Stelle, später auch mit Schritten bis hin zu freier Schrittarbeit.

  6. San Shou - "zerstreuende Hände" / Freikampf
    Sanshou ist die letztlich freie Anwendung der Yiquan-Prinzipien im Freikampf.

  7. Shisheng - Einsatz der Stimme / Atmung
    Beim Shisheng wird durch bestimmte Laute die Atmung und innere Struktur trainiert. Am Anfang sind diese Laute hörbar, später werden sie nur noch innerlich ausgeführt.

  8. Jianwu - "Gesundheitstanz"
    Der Jianwu ist eine fortgeschrittene Übung bei der alle einzelnen Elemente frei miteinander kombiniert und spontan geübt werden. Schnell und langsam, auf der Stelle und Schritte - alles kann sich dabei abwechseln. Jianwu ähnelt am ehesten den "Formen" (Taolu, Kata) die man aus anderen Kampfkünsten kennt - hier im Yiquan gibt es jedoch keine festgelegte Reihenfolge. Der Jianwu sieht jedesmal anders aus.

 

 

 

 

 

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